Am Thonnerhof, hoch über dem Ennstal erwartet die Gäste vieles, aber eines nicht: Kitsch. Vielmehr werden hier die wahren Werte gelebt, jedes Lebewesen respektiert, regionale Produkte sorgsam hergestellt und der Verbundenheit zu Grund und Boden mit jedem Handgriff Ausdruck verliehen.
Eine alte Weisheit besagt: Wenn die Wurzeln tief sind, braucht man den Wind nicht zu fürchten.
Hildegard Schmalengruber ist seit jeher tief verwurzelt mit ihrer Kindheit. Selbst am Bergbauernhof aufgewachsen, zog es sie als erwachsene Frau wiederkehrend in die Berge. Auf den Thonnerhof. Ein Hof, hoch über dem Ennstal und im unmittelbaren Angesicht des Grimming, dem mächtigen Bergmassiv der Region. Zahlreiche Sagen und Mythen ranken sich um den Bergriesen. Geschichten, die neben menschlichem Übermut ebenso von der rauen Welt der Berge erzählen. Wenn Hildegard ihren Blick zu den entfernten, felsdurchzogenen Hängen schweifen lässt, dann weiß sie genau, warum sie dieses Leben trotz der beschwerlichen Arbeit gewählt hat: „Es ist diese besondere Verbundenheit zu den Wurzeln von meinem früheren Zuhause, die stetige Arbeit in der Natur und mit den Tieren.“
Drei Standbeine bilden die soliden Säulen des Hofes: Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Vermietung. Da geht die Arbeit kaum aus, geregelte Acht-Stunden-Tage gibt es keine, Wochenendschichten gehören dazu. Aber damit verbunden auch der Luxus, mal einen Tag mit den Gästen eine unbeschwerte Wanderung zu unternehmen.

„Natürlich müssen die Kühe gemolken und die Heuarbeit erledigt werden, aber wenn ich anschließend meine Auszeit spontan wählen kann, dann nenne ich das Glück.“ Für Hildegard liegt ohnehin klar auf der Hand: „Die Menschen finden den Weg hierher nicht umsonst, das hat viel mit der Sehnsucht nach dem Ursprünglichen zu tun, nach dem ungestillten Durst um die Herkunft regionaler Produkte und der Suche nach Kindheitserinnerungen.“

Regionale Schätze
Und außerdem: „Wo kriegt man sonst so frische Produkte, als am Bauernhof?“
Knuspriges Bauernbrot, frische Rohmilch von den 14 Milchkühen, welche zu Käse, Joghurt und Aufstriche veredelt wird, sowie Marmeladen und Säfte – der Thonnerhof birgt eine Schatzkiste an regionalen Köstlichkeiten. Da will keiner gleich wieder fahren und das muss auch niemand.
Seit 1972 läuft die Vermietung erfolgreich, aktuell mit zwei Ferienwohnungen, einem urig umgebauten Troadkasten und einem ebenso liebevoll renovierten Holzblockhaus. Viele der Gäste bleiben gerne länger als zwei Wochen, Hildegard ist froh, dass das bäuerliche Handwerk wieder an Wertschätzung gewinnt. „Dadurch lernen die Menschen, bewusster einzukaufen.
Die Werbung darf ohnehin nicht zu viel Kitsch zeigen, es soll kein falsches Bild von der Landwirtschaft vermittelt werden.“ Ein zweischneidiges Schwert, wie sie weiß: „Auf der einen Seite reden wir vom urigen Flair mit alten Wurzeln, andererseits liegen die Standards heutzutage ganz woanders. Die Vorstellung der Gäste soll nicht realitätsfremd sein. Viele glauben tatsächlich, dass wir noch mit der Hand melken.“

Geschenkt wird einem alles und nichts

Drei Söhne, drei Hofverbundene
Die Nachfolge am Hof ist ebenfalls gesichert: Der älteste der insgesamt drei Söhne wird den Hof ferner übernehmen, bereit dazu gewesen wären alle drei. „Das mag wohl daran liegen, dass wir trotz der beschwerlichen Arbeit nie gejammert haben“, meint Vater Reinhard. Und wohl auch daran, dass sich jeder glücklich schätzen kann, der weiß, wo seine Wurzeln liegen.
