Silvester Gabalier musste Bauer werden. Das war vom Elternhaus so vorbestimmt. Er wurde es auch, weil er es auch wollte. Besuch bei einem facettenreichen Landwirt, der mit seiner Frau Martina ein verdammt gut gepflegtes Stück Kulturlandschaft am Südbalkon des Wörthersees sein Eigen nennt. Da oben am Poscharnighof, vielleicht zu unbeachtet, zwei Etagen über dem im Sommer pulsierenden Nightlife a la Fete Blanche oder dem hedonistischen „Beach-Volleyball-Showdown“ zu Klagenfurt. Aber dort oben an der Schieflinger Strasse Nummer 3 trifft man normale Menschen, mit denen man normal reden kann. Kein „wie hätten Sie es denn gerne“ sondern mehr „wie geht’s dir, brauchst irgendwas?“.
Es wäre ja auch nicht der Wörthersee, würde nicht auch der idyllische Poscharnighof in Schiefling als Filmlocation herhalten müssen. Gleich zwei Mal je 3 Tage. Mit ziemlich viel Aufwand und Schienen in das sonst so ruhige Wohnzimmer der Gabaliers. Geschehen gleich zwei Mal für Dreharbeiten zur Serie „Der Arzt vom Wörthersee“. Das sorgt für Quote im ZDF und sonst wo. Garantiert. Selbst der große Erwin Steinhauer zog seinen Hut vor der stilsicheren Ästhetik des bäuerlichen Anwesens, das Silvesters Ur-Ur-Großvater zu Beginn des 20. Jahrhunderts erwarb. Der Klagenfurter Kaufmann investierte in den Hof und erwarb mit dem übrigen Kapital noch eine Glocke für die Kirche. Den Rest legte er auf die Bank. Dann kam aber der 1. Weltkrieg. Das Ersparte war weg und der sakrale Klangkörper wurde für Kriegszwecke eingeschmolzen. So in etwa, erzählt Silvester die Hofchronik. Ein wirklich gelassener „Word-Rap“ der familiären Tatsachen ohne das Schöne, das hier zweifellos herrscht, zu stark zu betonen. Das zieht an. Die Filmwirtschaft und den internationalen Jet-Set. Es sind dies die gut betuchten Traveller, die weniger das Schlosshotel in Velden suchen, als sich vielmehr durch Ruhe, Klarheit und Schnörkellosigkeit neu verorten möchten. Lokal. Ultralokal sogar. So kommt es, dass neben deutschen Promi-Managern auch Australier, Russen und Araber den Weg in eine der drei Ferienwohnungen finden. Das nenne ich ganz zeitgeistig einfach mal Slowtravel. Also der Zustand, wenn Menschen, die sich 5*superior zwar leisten können, aber sich selbst freiwillig aus dem Spiel der infrastrukturpotenten, anonymen Super-Hotels nehmen. Ich kann es nachempfinden. Erdung tut gut. Ab und an. Vor allem, wenn der Alltag zunehmend an Speed gewinnt.

„Urlaub am Jazzhof?“

Bauerndilemma: Wenn die beste Zeit zum Heu machen ist, herrschen auch super Flugbedingungen.

„Unsere Gäste haben die Kärnten Card, nutzen sie aber nicht. Die wollen vom Hof gar nicht weg“
Das Mehr ist hier ein Stück Weniger. Das denk ich mir, wenn ich mit Menschen, wie den Gabaliers sprechen darf. Natürlich sind die Einkünfte aus der Vermietung von Ferienunterkünften essentiell für den Ertrag der Landwirte. Pferde, Holzwirtschaft und Beherbergung, das ist der Dreiklang für den Wohlstand der Familie mit dem berühmten Namen. Und nirgendwo als bei den Gabaliers, ist es schöner zu begreifen, dass sich das Reisen an sich im Umbruch befindet. Dabei geht es nicht um die Romantisierung des Tourismus. Auch nicht um eine Gegenthese zu den superioren Hotelangeboten, die ihresgleichen suchen. Das hat alles seine Berechtigung am Markt. Aber doch gibt es immer mehr Menschen, die im Urlaub, das Reisen in den Vordergrund stellen. Klarheit und Reduktion auf das Wesentliche. Fremdenverkehr re.loaded oder Zwei-Punkt-Null, wie man will. Genug der Philosophie. Es geht um eine Gratwanderung der Reduktion auf das Wenige. Und das findet man hier am Poscharnighof. Aber noch viel mehr. Ob es ein „berühmter“ Wolfgang Fierek ist, der den Kachelofen eifrig befeuert oder die Natursehnsuchts-Familie, die ganz normal bucht und ihren Kindern das gute, einfache Leben zeigen will. All das ist hier sehr gut aufgehoben. Ein kleines Stück oberhalb eines touristischen Erlebnisraumes, den man so vielleicht gar nicht kennt, der aber auch anders kann. Ruhiger. Besonnener. Kein Getrampel. Eine Wörthersee-Huldigung.