#WieWirLeben: Es ist nirgends schöner als daheim

Bäuerliche Arbeit, 25.03.2019, Stefan Heinisch

Johannes Gritzner ist Bauer aus Leidenschaft, hätte aber trotzdem beinahe alles aufgegeben. Für seine Sabine, mit der er seit 18 Jahren verheiratet ist und die - ohne Bezug zur Landwirtschaft -eigentlich nie Bäuerin werden wollte. Gut, dass es doch anders kam und die beiden nun einen malerisch gelegenen Bergbauernhof im Maltatal führen. Was idyllisch klingt, ist ganz sicher kein Honiglecken, sondern harte Arbeit. Tagtäglich. Eine große Portion Idealismus inklusive.

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Bauer beim Melken im Stall | © Urlaub am Bauernhof Kärnten / Daniel Gollner

Johannes ist einer von dreien. Die ältere Schwester lebt und wirkt als Lehrerin in England. Der jüngere Bruder ist Polier. Und auch Josef hat den Weg zum elterlichen Hof über notwendige Umwege gefunden. Der gelernte Landmaschinenmechaniker hat als Tankwart gearbeitet und österreichweit Asphalt gefräßt. Man könnte behaupten, Bergbauer Gritzner verspürt einen Hang zu Tätigkeiten, die viel Körpereinsatz voraussetzen. Es ist ja nicht gerade so, dass KandidatInnen für Hofübernahmen österreichweit Schlange stehen. Viele Landwirtschaftsbetriebe müssen stillgelegt werden, wenn die ehrwürdigen Alten nicht mehr können und die Jungen andere Lebensmodelle verfolgen. Das passiert nicht ausschließlich im Bergbauernmillieu, sondern quer durch das ganze Land, auch abseits alpiner Lagen a la Maltaberg. „Du musst schon der Typ dafür sein, ansonsten tut man sich das nicht an“, spricht Johannes Klartext über das Berufsbild des Bergbauers, das wohl nie über das Arbeitsmarktservice ausgeschrieben werden wird. Bergbauer ist viel mehr eine Lebenseinstellung, eine Wertehaltung, als eine klassische Erwerbstätigkeit, die auf großen Gewinn abzielt. Das Schaffen geht an die Substanz, verlangt der gesamten Familie einiges ab. „Die unten im Tal verstehen eh nicht, warum wir uns das alles antun, hier oben“, so Gritzner über die nachvollziehbare Meinung mancher Kolleginnen am flacheren Talboden.

Ein erfülltes Leben ohne Ablenkungen

Die Kindheit war von Einfachheit geprägt, langweilig war es nie. Johannes war fast immer draußen und ging nach der Schule ohne zu fragen auf das Feld, um zu helfen. „Früher war das selbstverständlich und man ist ja von klein auf in den landwirtschaftlichen Betrieb reingewachsen. Heute kann es schon vorkommen, dass die Kinder mocken, wenn sie um Hilfe gebeten werden“, beschreibt er eine veränderte Haltung der Jugend, wenn es um’s Anpacken geht. In seiner Kindheit gab es natürlich auch keine allzu großen Ablenkungen, die die Aufmerksamkeit junger Menschen beanspruchte. Heute hingegen, dringen Whatsapp und Instagram in die letzten (alpinen) Winkel unserer Gesellschaft vor und holen die Welt auf den Hof und Berg. Das soll aber grundsätzlich nicht gleich etwas schlechtes sein, vorausgesetzt die Digital Natives wissen, in welcher Dosis Smartphonenutzung sozial verträglich ist.

Kinder machen große Augen, wenn es weiss aus der Kuh rauskommt

Auch am Wegscheiderhof im Maltatal gibt es eine ganz besondere Gästebindung. Viele Familien kehren mit ihrem Nachwuchs an den Ort zurück, der ihre eigenen Kinderaugen damals zum Erleuchten brachte. „Everlasting memories“ ist kein Titel einer Werbekampagne, sondern passiert dort, wo sich Menschen begegnen und daraus ein Stück Gemeinschaft gedeiht. Johannes erinnert sich an einen, wie er es nennt, „Gästeboom“ in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, eine zahlenmäßig erfolgreiche Epoche der Kärntner Tourismusgeschichte. „Unsere Gäste werden immer neugieriger, fragen und sind vielfach interessierter, als es früher der Fall war“, beschreibt der Landwirt die Urlaubertypen am Bergbauernhof, die nicht nur Erholung suchen, sondern darüber hinaus auch Bildungsdurst stillen möchten. „Und vor allem auch die Männer“, ergänzt er schmunzelnd.

Für mich bedeutet Urlaub Stress

Johannes’ Wurzeln ragen tief in den Boden der Kärntner Tauern. „Wenn meine Frau meint, es wäre wieder mal Zeit wegzufahren, ist das schon okay, aber ich brauche das eigentlich gar nicht“, verrät er seine Affinität zum Daheimbleiben. Komisch, warum gönnt sich der hart arbeitende Mann nicht eine wohlverdiente Auszeit abseits anstrengender Hofarbeit? Hört man erst seine Erklärung, klingen die Argumente sofort nachvollziehbar. „Urlaub bedeutet, dass ich Vorbereitungen treffen muss, also kurzfristig mehr zu tun ist, um dann vielleicht eine Woche irgendwo zur Ruhe zu kommen. Nach der Rückkehr warten dann Nacharbeiten auf mich, also insgesamt betrachtet, ist das ganze mehr Stress, nur des Urlaubs wegen“, erläutert Gritzner seine These einer Art Ungleichgewicht, das nicht auftritt, wenn man erst gar nicht wegfährt. Johannes ist aufgrund seiner Heimat- und Hofliebe im Grunde ein überaus zuvorkommender Gastgeber, weil er den Maltaberg nicht gegen Lignano, Caorle & Co. tauschen möchte. Muss er auch gar nicht. Wir würden es ihm gleichtun.

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Stefan Heinisch
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