Die Kraft der Bäume

Hofgeschichten, 22.05.2023, Elisabeth Freundlinger

Wenn man vom "Wald" spricht, denkt man selten daran, dass dieser Überbegriff eine Ansammlung von verschiedenen Individuen meint. Aber es ist schon so: Jeder Baum ist einzigartig.

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Paar sitzt auf Stein bei einem Flussbett im Waldviertel | © Waldviertel Tourismus / Robert Herbst

Wenn man die Ruhe im Wald spüren kann

Susanne Hirner betreibt im niederösterreichischen Hollenstein an der Ybbs zusammen mit ihrer Familie den Bio-Bauernhof Unterkirchen. Die gelernte Kindergartenpädagogin hat eine ganz besondere Beziehung zu Bäumen: „Der Wald hat mich schon immer fasziniert. Ich war auch schon als Kind ständig im Wald unterwegs und bin mit meinen Schulsachen oft zum Lernen in der Kiefer neben dem Haus gesessen.“ Später hat sich diese Begeisterung leider kurzzeitig verloren, da standen andere Wichtigkeiten an … Aber dann kamen die eigenen Kinder zur Welt. „Mit ihnen habe ich den Wald wiederentdeckt“, erzählt Susanne Hirner. „Auch in meinem Beruf als Kindergartenpädagogin habe ich erkannt, wieviel der Wald zu geben hat. Knackpunkt war für mich der Moment, als ich mit einer sehr lebhaften Kindergartengruppe in den Wald gegangen bin und sofort die Ruhe und Ausgeglichenheit gespürt habe, welche die Kinder erfasst hat. Da habe ich beschlossen, mich zur Waldpädagogin ausbilden zu lassen.“

Im Mai 2023 wird Susanne Hirner ihre Zusatzausbildung abgeschlossen haben – und sie kann es gar nicht erwarten, ihre Urlaubsgäste in den Wald zu führen.

Viele Bäume sind ein Wald

Laut WWF sind fast 48 % der österreichischen Staatsfläche mit Wald bedeckt. Das macht insgesamt 4 Millionen Hektar Wald. Auf dieser Fläche stehen 3,5 Milliarden Bäume, also ca. 406 Bäumer pro Einwohner. – Ist das nicht großartig?

In unseren Wäldern wachsen 65 verschiedene Baumarten. Mit Abstand am häufigsten kommt die Fichte vor, sie hat einen Anteil von 57 %. Zweithäufigster Baum ist mit 12 % die Buche. Insgesamt gibt es in Österreich sehr viel mehr Nadel- als Laubbäume.

Hier eine kleine Vorstellung der „Hauptpersonen“ im Mischwald:

Nadelbäume

Was verschafft uns eigentlich dieses wunderbar heimelige Gefühl, wenn wir einen Nadelwald betreten? Ist es das schützende „Dach“ oder das sanfte Wiegen der Äste? Auf jeden Fall trägt der herrlich würzige Duft der Nadeln all unsere Alltagssorgen davon, und wir fühlen uns in unsere Kindheit versetzt, als wir unter jeder Wurzel eine Zwergenfamilie vermuteten. Jene Erwachsenen, die nicht mehr an Märchen glauben, ersetzen die romantischen Bilder von einst mit dem Wissen von heute, sich im Wald mit jedem Atemzug Wohlbefinden einzuverleiben. Als besondere „Heilerin“ gilt die Zirbelkiefer mit ihrem würzigen, nachhaltig gesunden Holz. Aus diesem Grund sind in vielen Urlaubsbauernhöfen die Ferienwohnungen auch mit Zirbenbetten bestückt. Schließlich ist ein guter Schlaf ein wesentlicher Erholungsfaktor im Urlaub. Trauriges Detail: Die Zirbe kommt mit dem Klimawandel nicht so gut zurecht wie andere Bäume – sie mag es lieber kühl und feucht …

Fichte und Tanne

Fichte und Tanne sind die wohl bekanntesten Nadelbäume. Sie können hierzulande bis zu 60 Meter hoch werden – in den USA gibt es noch viel höhere und dickere Exemplare. Nadelbäume wachsen in den ersten Lebensjahren sehr langsam, Tannen haben erst nach ca. 10 Jahren die Größe eines erwachsenen Manns erreicht. Weil Fichten schneller wachsen und auch pflegeleichter sind, werden die Nutzwälder vor allem mit dieser Baumart bepflanzt.

Fichtenholz wird zB für die Herstellung von Schiffsmasten verwendet; außerdem kommt es als Nutzholz in der Papier-, Bau- und Möbelindustrie zum Einsatz. Nur in einer Verwendung ist die Tanne voran: Immerhin singen wir zu Weihnachten „Oh Tannenbaum“ und nicht „Oh Fichtenbaum!“

Die Fichte sticht - die Tanne nicht

Ja, was macht eigentlich den Unterschied zwischen diesen beiden Baumarten?

Da sind einmal die Zapfen. Fichtenzapfen hängen von den Zweigen herab, die Tannenzapfen stehen aufrecht auf den Ästen. Am Waldboden findet man übrigens nur Fichtenzapfen, denn die Tanne wirft ihre Zapfen nicht ab, sondern lässt sie zerfallen.

Auch die Rinde ist unterschiedlich: Jene der Fichte ist rötlicher und außerdem schuppig. – Die Tanne hat hingegen einen glatten, später rissigen Stamm, dessen Farbe eher ins Grau-Weiße tendiert.

Laubbäume

Sie erfreuen uns mit ihrem wunderschönen Laub, das sich vom sanften Pastell im Frühling über kräftiges Grün im Sommer bis zum Leuchtfeuer im goldenen Herbst entfaltet. Am bekanntesten sind Buche und Eiche, Ulme und Birke, Ahorn, Kastanie – und nicht zu vergessen die Obstbäume mit dem hochwertigen Holz, das im Möbel- und etwa auch beim Instrumentenbau (Birnenholzflöten) eine wichtige Rolle spielt.

Die Buche

Sie gehört zu den wirtschaftlich bedeutendsten Laubhölzern Mitteleuropas. Das widerstandsfähige Holz gilt als „Allrounder“ und findet weitreichend, vor allem in der Bau- und Möbelindustrie Verwendung (etwa bei Kaffeehausstühlen).

Buchen sind das Zuhause für fast 30 pflanzenfressende Käferarten und über 70 Schmetterlingsarten und sie verleihen den Wäldern in Zeiten des Klimawandels wertvolle Stabilität. Diese robuste Baumart wird bis zu 500 Jahre alt. Nebenbei bemerkt: In Deutschland wurde die Buche zum Baum des Jahres 2022 gekürt.

Birke

Die Birke besiedelt mit Ausnahme der südlichsten und der nördlichsten Regionen ganz Europa. Im Osten reicht ihr Verbreitungsgebiet sogar bis nach Sibirien und in den Iran. Birken sind auch nicht heikel, was die Höhe betrifft, man trifft sie auch noch knapp unterhalb von 2.000 Metern an. Birken werden bis zu 130 Jahre alt und liefern ein schönes, aber nicht witterungsbeständiges Holz, das im Möbelbau (aber nicht für Außenbereiche) verwendet wird.

Mit ihrer silbrig weißen Rinde und den hellgrünen Blättern haben Birken etwas Feengleiches. Es ist eine Pracht, zuzusehen, wenn sie ihre Zweige im Wind wiegen. Doch die Zartheit trügt: Ihr schnelles Wachstum und ihre Widerstandsfähigkeit prädestiniert die Birke, auch in Zeiten des Klimawandels zu bestehen.

Auch sonst ist die Birke ein wahrer Tausendsassa. Forscher haben jüngst herausgefunden, dass Birken den Böden Mikroplastik und Schwermetalle entziehen und diese anschließend abbauen.

In der Naturmedizin wird die Birke aufgrund ihrer heilenden Substanzen in Blättern und Rinde verehrt. Dennoch. Allergiker werden sich dem Loblied auf diese schöne Baumart nicht unbedingt anschließen. Denn kaum ist der Winter vorüber, fliegen auch schon die Birkenpollen durch die Luft! – Und diese zählen leider zu den aggressivsten bekannten Baumpollenallergenen.

Bauern und Tischler - ein Experte für Bäume

Franz Schmeißl vom Bio-Bauernhof Schwarzenbach inmitten der oberösterreichischen Regionen Almtal-Salzkammergut / Nationalpark Kalkalpen hat gerade seine Ausbildung zum Waldpädagogen absolviert.

Ob Schulklassen, Kindergartengruppen, Menschen mit Behinderung oder flotte Waldläufer – alle profitieren von dem Wissen des Bauern. Natürlich auch die Gäste, die ihren Bauernhofurlaub im Ferienhaus Schwarzenbach verbringen. Diese genießen ihren Urlaub mehrfach, denn das Öko-Ferienhaus wurde komplett aus biologischen Baumaterialien erbaut. Ein Blick ins Gästebuch der Schmeißls bestätigt, was man auch schon spürt, wenn man nur das Foto sieht: Holz schafft Gemütlichkeit.

„Die Außenfassade ist aus Lärche, Fichte und Tanne, und innen haben wir unter anderem Holz von der Ulme – meinem Lieblingsbaum – verwendet. Uns war es wichtig, alles zu nutzen, was die Natur hergibt, und so habe ich als Tischler die Zirbenspäne aufbewahrt und für die Dämmung des Ferienhauses genutzt.“ – Das duftet sicher herrlich? „Oh ja. Das wird man noch in zwanzig Jahren riechen“, lacht Franz Schmeißl. Und gesund ist es auch.

Stolz ist der Waldpädagoge auf den intakten Mischwald, der seinen Hof umgibt: Buchen, Ahorn, Ebereschen, Nussbäume, Kirschen, Eichen, Birken, Linden … alles da.  „Der Mix macht es aus. Die gesunde Mischung ist für das Bodenklima wichtig“, sagt der Experte. „Als Tischler bin ich mit Holz und den Bäumen schon immer tief verbunden. Das will ich jetzt anderen Menschen weitergeben.“

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Elisabeth Freundlinger
Urlaub am Bauernhof Österreich, 21 Artikel
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