Tabula rasa

Hofgeschichten, 09.11.2017, Stefan Heinisch

Conny Rohrmoser kümmert sich um das Urvertrauen junger Menschen. Und dass sie Ruhe und Kraft erlangen, um ihre ganz persönlichen Herausforderungen meistern zu können. Ganz egal ob seelisch, psychisch oder physisch, viele Kinder tragen eine Last im Alltag, die auf ihre Flügel drückt. Conny wollte nie weg von hier und ist sehr froh, „dass sie einen Sankt Johanner gefunden hat“. Mit Johann lebt und wirkt die gelernte Kindergartenpädagogin am Reiterhof, der nicht zwingend was mit Pferden zu tun hat. Besuch am Bildungscampus.

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Im Stall, Esel, füttern, Reiterhof in St. Johann, Salzburger Land | © Urlaub am Bauernhof Salzburger Land / Daniel Gollner

Der Reiterhof und die Vita von Conny Rohrmoser sind so spannend, da müssen die landwirtschaftlichen Zahlen und Fakten einfach etwas kürzer treten. Kurzum, der Hof, der ganz früher, wie so oft, von der Milchwirtschaft leben konnte, beheimatet heute zirka 20 Mutterkühe mit Kälbern. Ehemann Johann ist nebenbei auch noch Angestellter bei der Fa. Thermo-Span Baustoffwerk und hat von Maschl 3 (Reiterhof) bis Maschl 28 (Arbeitgeber) zumindest einen garantiert staufreien Arbeitsweg. Conny durfte „nach den Kindern“ sehr schnell wieder zu arbeiten beginnen. Als gelernte Pädagogin liegt ihre Core-Story heute in der tiergestützten Intervention. Gleichzeitig bietet sie an maximal vier Vormittagen pro Woche die „Schule am Bauernhof“ an und ist darüber hinaus auch noch ausgebildete Waldpädagogin. Muss sie fast, grenzt der Wald doch direkt an den Hof und umgekehrt. Danke, setzen! Die Frau ist wirklich fleißig und hält es scheinbar mit Albert Einstein, der einst prägte: „Persönlichkeiten werden nicht durch schöne Reden geformt, sondern durch Arbeit und eigene Leistung.“ Gelebte Wirklichkeit am Reiterhof.

„Wenn Kinder wieder aufblühen, berührt mich das sehr.“

Es sind hauptsächlich Kinder aus der Region, weniger Urlaubsgäste, die das Angebot der tiergestützten Pädagogik am Hof in Anspruch nehmen. Was einfach und kaum medizinisch klingt, kann beim Empfänger großen Impact haben. „Hasenmassage“ oder „mit dem Esel spazieren gehen“ werden nur mit eigens dafür trainierten Tieren angewandt. Und dabei entsteht eine tiefe Bindung zwischen Mensch und Tier, die im klassischen Sinn schwer zu erklären sein mag. Auch für Conny, die Chefin, die das schon sehr oft praktiziert. Aber auf schulmedizinisches Feedback legt sie wenig Wert – viel wichtiger ist ihr hingegen, dass sie junge Seelen unterstützen kann, in welcher Form auch immer die gerade Hilfe benötigen. Mit ihren Tieren, die darauf trainiert sind. Zum Beispiel beim Mädchen, das kaum gehen konnte und dessen Bewegungsdrang nach der Tier-Therapie immer besser wurde. Der Esel, der sich Nase an Nase direkt an das Kind stellt, das sich kaum bewegen kann. Das sind Momente der Gänsehaut, in denen aber auch Conny fragt: „Warum tut das Tier das“? Da muss es doch mehr geben. Schwer zu erklären. Aber einfach nur schön, wenn es wirkt. Oder die Mutter des Jungen, mit Handicap im Sozialverhalten, die sich erkundigt, wann es denn wieder weiter geht mit der Zusammenkunft zwischen Kind und Tier. Das sind die wahren Erfolgsgeschichten. Am Hof, dort wo Bildung mehr ist als uniforme Grundschullehre nach Fahrplan. Heutzutage leider zu oft naturentfremdet und weit weg von den Kindern mit ihren individuellen Herausforderungen. Ach ja, Schweine sind auch tolle Therapietiere, versichert Conny glaubhaft. Nur weil wir ihr Fleisch mögen, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht mehr können als Extrawurst.

„I bin a Mensch und brauch mei’ Freizeit.“

Ab und zu braucht es aber auch Rückzug. Landwirte, die „Urlaub am Bauernhof“ anbieten sind grundsätzlich keine zappeligen Animateure, stets verfügbar und rund um die Uhr bereit zu unterhalten. Natürlich gibt es Vermieterinnen, die mehr Nähe zu den Reisenden zulassen und wiederum andere, die ein paar Laufmeter Distanz besser finden. Conny gefällt, dass hier in St. Johann, „die Bäuerlichkeit und die Gemeinschaft unter Bauern“ noch gut funktionieren. Es gibt einen Kern an Menschen, die zusammen halten. So eine Art sozialer Klebstoff für die Dorfgemeinschaft.

Wo tankt jemand Energie, der selbst viel gibt, wie Conny Rohrmoser mit ihrem Konzept am Reiterhof? Radfahren und Singen sind ihre Leidenschaften abseits von Tieren, Gästen und Schule am Hof. Tabula rasa nennt sich der örtliche „a capella Chor“ mit heimischen und ausheimischen PongauerInnen, der im Juni 2017 sogar Gold beim "Internationaler Chorwettbewerb in Salzburg“ als Sieger der Kategorie "Gemischter Chor" nach Hause brachte. Auch dort ist sie aktiv. Gratulation.

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Stefan Heinisch
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