I hon a offenes Ohr für meine Gäst

Hofgeschichten, 26.04.2021

Am Ierzerhof im Tiroler Pitztal hat das Vermieten eine lange Tradition. „Ein Ehepaar aus der Schweiz kommt schon seit über 50 Jahren, die haben sogar ihre Goldene Hochzeit bei uns am Hof gefeiert“, erzählt Bäuerin Claudia Tschurtschenthaler.

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Bäuerin und Bauer sitzen nebeneinander und lachen | © Claudia Tschurtschenthaler

Urlaub am Bauernhof beschert nicht nur den Gästen schöne Erinnerungen. Auch die Gastgeber denken gern an gemeinsam Erlebtes zurück und freuen sich auf bessere Zeiten.

Eine Serie quer durch die Bundesländer von Elisabeth Freundlinger

Ein Hof mit Tradition

Am Ierzerhof im Tiroler Pitztal hat das Vermieten eine lange Tradition. „Ein Ehepaar aus der Schweiz kommt schon seit über 50 Jahren, die haben sogar ihre Goldene Hochzeit bei uns am Hof gefeiert“, erzählt Bäuerin Claudia Tschurtschenthaler.

„Ich erinner‘ mich auch noch genau an meine erste Buchung via Internet“, erzählt sie, die sich immer schon für Computer und neue Medien interessiert hat. „Die erste selbstgebastelte Webseite war gerade online, um unseren Hof zu bewerben, und bald kam eine Faxanfrage von Fred Parker aus Kentucky. Was damals eine Sensation war, ist heute Alltag. Vom Internet ins Bauernbett – davon wurde sogar in der Zeitung berichtet. Die Familie war total begeistert und beeindruckt von der gemeinsamen Wanderung zum Gipfelkreuz mit Bergmesse.“

Dank Internet fanden bereits damals Gäste von weither zum Ierzerhof. Wie etwa die Familie aus Indien: Mutter, Vater und die kleine Nyeti. „Auf ihrer dreiwöchigen Städte-Rundreise durch Europa sind sie fünf Tage bei uns geblieben, weil es sich die Frau so sehr gewünscht hat, einmal auf einem Bauernhof zu wohnen. Wir überlegten, was sie faszinieren könnte, und so war der Pitztaler Gletscher unser gemeinsames Ziel. Natürlich ohne Skianzüge im Koffer, aber kein Problem – schnell wurde passende Kleidung für die ganze Familie zusammengesucht!“

Stallzeit mit Bauer Hans

Der Gletscher auf 4330 m Höhe ist nur ein Highlight von vielen im Pitztal. Diese Region hat ja alles, was das Urlauberherz begehrt. Zum Erholen und Naturerleben ist es hier einfach perfekt. Und das schätzen auch die Gäste am Ierzerhof. Dabei zählt für die Kinder ohnehin nur eines: Wenn Bauer Hans zur Stallzeit ruft. Gummistiefel und Overalls stehen für die kleinen Helfer in allen Größen bereit, und schon kann‘s losgehen. Der Bauer ist immer pünktlich um 17 Uhr zur Stelle. Oder fast immer.

Einmal haben sich die Bauersleute merklich verspätet und trafen beim Heimkommen vor der Stalltüre, auf eine aufgefädelte, aufgeregte Kinderschar. Das gab dann ein lautes Freudengeschrei: „Hurra, der Bauer ist wieder da, wir dachten schon er ist krank!“

Die Stallzeit bedeutet den Kindern sehr viel, sie verhandeln auch immer wieder mit ihren Eltern, dass die Ausflüge untertags ja nicht zu lange dauern dürfen. In Zukunft wird es allerdings einen „stallfreien“ Tag für die Gästekinder geben, und das hat einen süßen Grund: An diesem Tag dürfen die beiden Enkelinnen mithelfen beim Füttern, Ausmisten, Ponys Striegeln, Ziegen Versorgen, Hasen Streicheln und Eier aus dem Hühnernest Holen. Amelie ist dreieinhalb Jahre alt und liebt die Stallzeit mit Oma und Opa. Ihre einjährige Schwester Lara ist sicher auch bald mit von der Partie.

Das Bauernhof-Diplom

„Wir haben uns bewusst zum Kinder- und Babybauernhof spezialisiert, denn wir wollen Kinderaugen zum Leuchten bringen“, erklärt die Bäuerin. Auf dem Ierzerhof ist das auch gar nicht schwer. Viele Tiere sind das ganze Jahr über am Hof. „Und dann gibt es ja noch zur Belohnung unser Bauernhofdiplom“, erzählt Claudia lachend. „Ich fotografiere gern und mache während des Urlaubs Bilder von den Kindern beim Ponyreiten und mit dem Lieblingstier. „Ein wenig Aufwand ist es schon, doch der wird mit der Freude bei der feierlichen Diplomverleihung belohnt. Es ist wirklich jede Woche spannend, und die Kinder tuscheln schon Tage vorher aufgeregt. – So musste ich mir im Laufe der Jahre stets neue Ausbildungsstufen einfallen lassen. Nach der Grundausbildung gibt es Spezialausbildungen zum Hasen-, Esel-, Hühnerbauer …“
Die Aufregung steigert sich, wenn Bauer Hans dann die Bauernhof-Fragen* stellt und die Urkunden mit der Bauernhofmedaille aus Holz verleiht.

Master of Farm

„Eine ganz liebe Familie kommt schon zwanzig Jahre lang zu uns. Die beiden Buben, Kai und Jan, waren inzwischen 15 und 16 Jahre alt und hatten längst den höchsten Bauernhof-Titel erlangt. Da erlaubte ich mir die Frage: Macht ihr noch mit bei der Stallzeit?, und erntete gleich seltsame Blicke: Natürlich Bäuerin, und aufs Diplom freuen wir uns auch! – So haben wir halt noch zwei weitere Stufen erfunden: Den Bachelor und den Master of Farm.“

Jede Woche Diplomverleihung – da kommt was zusammen, oder? – „Ich hab mir das ausgerechnet: Es sind 80-90 Diplome pro Jahr und das erste habe ich 2002 ausgestellt. Hab‘ ich selber nicht gedacht, dass es nun schon über 1.500 sind!“

Alle Kinder freuen sich auch über den großen Fuhrpark, dessen Hauptattraktion der kleine rote Traktor ist. Kein Wunder, Bauer Hans fährt ja dasselbe Modell in groß.

Im Gartenhaus gibt es seit kurzem einen neuen Grill, sowie einen Holzbackofen. „Im Lockdown hatten wir viel Zeit und haben das Brotbacken ausprobiert“, erzählt Bäuerin Claudia begeistert.

„Vielleicht wird dies künftig ein neues Angebot für unsere Gäste, es gelingt schon recht gut.

Der alte Brotzuber, die Brotläden und Leinentücher sind nach fast 150 Jahren noch erhalten und könnten wohl einige Geschichten erzählen. Das Brotbacken war damals für die Eltern und die Tante von Hans schon etwas Besonderes. Sie haben so viel geschaffen und es ist uns wichtig, dass ihre Werte und Traditionen am Ierzerhof ein wenig weiterleben.“

Spielzimmer und Wellness

Jetzt sind auch die Söhne ausgezogen, und Claudia und Hans leben zu zweit am Hof. Hans, ein Lehrer, der den Bauernhof im Nebenerwerb führt, freut sich, wenn er sein Wissen an die Gästekinder weitergeben kann. Claudia kümmert sich darum, dass sich alle wohlfühlen. Als die Tschurtschenthalers 2007 den Hof großräumig umgebaut haben, hat Claudia darauf geschaut, dass die Ferienwohnungen viel Platz bieten und durch natürliche Materialien Gemütlichkeit ausstrahlen. Alles ist aus heimischem Zirben- und Fichtenholz, das den beiden Wohnungen den Namen gibt. Zwischen „Fichtenhimmel“ und „Zirbentraum“ wurde ein großes Spielzimmer eingerichtet, damit die Kinder in der Früh schon miteinander spielen können, während ihre Eltern noch ein bisschen ausschlafen. Abgerundet wird das Angebot am Kinderbauernhof mit einem feinen Wellnessbereich mit drei Saunen und Ruheraum mit Panoramablick, den jede Gastfamilie auch exklusiv nutzen kann. „Denn“, meint Bäuerin Claudia, „das ist Urlaub, so tät ich‘s auch schön finden“.

Bereit für den Bauernhof?

*Was ist der Unterschied zwischen einer Heu- und einer Mistgabel?

Antwort: Die Heugabel hat drei Zinken, und die Mistgabel vier.

Haben Sie’s gewusst? Glückwunsch, Sie haben das Diplom zum Mini-Bauern erworben!

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