Wenn der Weg zum Runterkommen nach oben führt

Hofgeschichten, 15.04.2021, Sabine Ertl

Wer am Götzbauernhof Urlaub macht, wird die Inszenierung vergeblich suchen. Dafür findet man ein ehrliches Landleben, viele Kindheitserinnerungen, ein gesundes Verständnis für beste Lebensmittel und vor allem: Ruhe in unverfälschter Natur.

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Monika Vitzthum auf der Terrasse ihrer Almhütte | © Urlaub am Bauernhof im SalzburgerLand / Daniel Gollner

Klaus Vitzthum ist Realist. Denn auf einem Bein steht es sich bekanntlich schlecht. Daher war bei der Hofübernahme 1994 schnell klar: Die Milchwirtschaft alleine wird nicht reichen, um alle hungrigen Mäuler am Götzbauernhof in Unken satt zu bekommen. Man redete nicht lange um den heißen Brei herum: Entweder er oder seine Frau Monika suchten sich eine zusätzliche Arbeit oder man investiert in ein zweites Standbein am Hof. Die Entscheidung fiel so schnell wie klar und nachdem die Vermietung ohnehin schon Tradition hatte, wollte man diese wieder ankurbeln, dem damals rückläufigen Tourismus mutig die Stirn bieten. Die Zimmer wurden hinsichtlich des modernen Standards renoviert ohne ihren ursprünglichen Charme zu verlieren, ein Kinderspielplatz wurde gebaut, die gemütliche Grillhütte für laue Sommerabende errichtet. „Mit Hilfe von Urlaub an Bauernhof haben wir unsere Ziele erreicht und dürfen uns über eine gute Auslastung freuen“, ist Klaus stolz.

Inszenierung? Nein danke.

Und die Gäste kommen. Jedes Jahr. Über viele Jahrzehnte. Warum? „Weil Inszenierung hier für alle ein Fremdwort ist. Urlaub am Bauernhof ist ein ehrliches Produkt. Das Hofleben wird nicht verschönert. Es ist, wie es ist.“ Und das reicht. Denn schließlich wollen diejenigen Familien mit ihren Kindern, die den Weg hierher finden, selbst spüren, sehen, verkosten und verstehen, wie die Landwirtschaft funktioniert. Und Klaus ist überzeugt: „Alleine die Milch an sich bekommt schon eine andere Bedeutung, wenn man sieht, wie sie produziert wird.“ Er sieht sich als Botschafter der bäuerlichen Welt: „Der Gesellschaft ist teilweise gar nicht mehr bewusst, wo und wie Lebensmittel produziert werden. Wir können das zeigen. Dabei geht es nicht darum, dass in irgendwelchen großen Hallen etwas gefertigt wird, sondern um familiengeführte Landwirtschaften, welche beste Lebensmittel mit ehrlicher Qualität ohne irgendwelche Zusätze herstellen.“

Durch Kinderaugen sehen

Auch Monika ist sich gewiss: „Vieles von dem alten Wissen haben wir in der heutigen Zeit verlernt. Dabei bietet die Natur so vieles. Sie ist ein Quell an Schätzen, die alle vor der Haustüre aus dem fruchtbaren Boden sprießen.“ Das Gespür dafür vermittelt sie mit ihren Kräutern. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gründete man 2007 „TEH®“, einen Verein für traditionelle, europäische Heilkunde. Dessen Ziel? Das traditionelle, regionale Heilwissen in Form von Lehrgängen, Vorträgen, Seminaren und Werkstätten zeitgemäß weiterzugeben. Gerade für Kinder ist eine selbstgemachte Ringelblumensalbe schon ein magisches Zaubermittel: „Kinder genieren sich nicht, sondern stellen Fragen. Sie bauen eine tiefe Beziehung zu unseren Tieren am Hof auf, blicken neugierig durch jede Tür, jedes Fenster, sehen in einem sprudelnden Bach einen riesigen Abenteuerspielplatz und gehen mit offenen Augen durch die Natur.“

Runterkommen auf der Alm

Was für den Nachwuchs so normal ist, müssen die Eltern manchmal erst wieder suchen. Aber am Götzbauernhof hat es noch jeder wiedergefunden: Die ursprünglichen Kindheitserinnerungen, die einem wieder ein unbeschwertes Lachen ins Gesicht zaubern. Abschalten, runterkommen, das Handy jeden Tag etwas mehr vergessen, stattdessen in das Landleben eintauchen, für viele ein unterschiedlich langer Prozess: „Manche Gäste steigen aus dem Auto aus und schon beginnt für sie der Urlaub. Andere wiederum brauchen etwas länger. Aber sobald die gemeinsame Almwanderung ansteht, man hinauf auf 1.400 Meter Seehöhe wandert, gemeinsam Kaffee und Kuchen inmitten der malerischen Bergwelt genießt, spätestens dann ist auch der letzte Gedanke an den Alltag in den Weiten der Bergwelt verflogen. Nicht nur für die Gäste ist die Alm ein Sehnsuchtsort, Monika und Klaus selbst haben hier ihren Kraftplatz: „Wenn man sich auf die Bank vor der Hütte setzt, auf die Natur hinausschaut, die Rinder beim Grasen beobachtet, dann braucht es nicht viel mehr.“

Das haben auch ihre drei Kinder verinnerlicht. Eine der zwei Töchter sogar so sehr, dass sie in der Schule auf die Frage der Lehrerin, wohin es denn dieses Jahr auf Urlaub ginge, keck antwortete: „Warum sollte ich in den Urlaub fahren? Ich wohne doch da, wo die Menschen Urlaub machen.“

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Sabine Ertl
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