#WieWirLeben: Die Mentalbäuerin von Afritz

Bäuerliche Arbeit, 07.03.2022, Sabine Ertl

Vom Klischee der traditionellen Bergbäuerin ist Stefanie Ofner weit entfernt. Vielmehr zeigt die selbstbewusste junge Frau eine Seite der Landwirtschaft auf, in der sich harte Arbeit, geliebte Familie und ein moderner Lifestyle auf 1.060 Metern Seehöhe wunderbar vereinen lassen.

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Stefanie Ofner sitzt am Tisch und erzählt von ihrem Leben am Bauernhof | © Urlaub am Bauernhof Kärnten / Daniel Gollner

Seinem Instinkt beharrlich vertrauen, alte Standpunkte verändern und erdrückende Arbeiten abgeben, die einem das Leben zunehmend erschweren – all das sind Dinge, die einen Menschen an gewisse Grenzen bringen können. Stefanie Ofner war an so einer Grenze: Die gelernte Kindergartenpädagogin aus dem Kärntner Dorf Afritz verliebte sich in Hermann, den künftigen Hoferben eines Bergbauernhofs, hoch oben in den Nockbergen. Gemeinsam gründeten sie eine glückliche Familie mit drei wundervollen Kindern, gemeinsam tauchten sie vollends in das Leben mit einer Landwirtschaft ein. Das Geschaffene der vorangegangenen Generation galt es hochzuhalten und weiterzuführen. Doch als Stefanie sich täglich in der Käsekammer zur Milchverarbeitung wiederfand und zunehmend merkte, dass es ihr schlechter ging, wusste sie: Etwas muss sich ändern.

“Das Klischee einer Bäuerin erfülle ich bestimmt nicht. Ich darf zwischendurch einfach Frau sein und bin trotzdem mit Leib und Seele Landwirtin.”

Neue Wege am Berghang

„Es war ein steiniger Weg, weil ich nichts von der Landwirtschaft kannte oder wusste. Ich bin weder auf einem Bauernhof aufgewachsen, noch hatte ich als Kind einen Zugang dazu.“ Rückblickend ist sie froh, dass alles so gekommen ist, wie es ist und möchte es nicht mehr anders haben. „Wir starteten mit der Milchwirtschaft, die wir von Hermanns Großeltern übernahmen. Zum Teil wurde die Milch selbst verarbeitet, zum Teil verkauft.“ Doch diese tägliche Gebundenheit wurde schnell zur großen mentalen Last, sodass sich das junge Paar gegen die Milch-, jedoch für die Fleischproduktion entschied. „Wir stellten auf Maststiere um und setzten zudem auf Schweine und Masthühner, vor zwei Jahren kam das Standbein mit der Vermietung über Urlaub am Bauernhof dazu. Unsere Gäste haben die Wahl zwischen einem großen, modernisierten Chalet oder einem gemütlichen Doppelzimmer auf Selbstversorgerbasis. Diese vielfältigen Wirtschaftszweige sind uns wichtig, geben uns einerseits Sicherheit und andererseits mehr Lebensqualität.“

“Ich bin mir und anderen keine Rechenschaft schuldig. Ich versorge morgens im Stallgewand die Tiere am Hof und genieße am Nachmittag den Lifestyle am Wörthersee.”

Regionale Vielfalt unter einem Dach

Die selbst erzeugten Produkte werden am Hof und auf den Märkten in der Region verkauft sowie in einem eigens dafür ins Leben gerufenen Verkaufsladen namens „Handgmacht und mehr“. „Dieses Geschäft mit Sitz in Landskron ist ein Zusammenschluss mehrerer Direktvermarkter. Der Kunde erhält sämtliche regionale Produkte unter einem Dach.“

Mentaltraining für mehr Lebensqualität

Zudem gewann für Stefanie die Kommunikation mit Gleichgesinnten immer mehr an Bedeutung: „Der Austausch mit anderen Bäuerinnen war mir enorm wichtig.“ Aus diesem Wunsch entstand die Ausbildung zur Mentaltrainerin. „Dies hat mir sehr geholfen, mit verschiedenen Situationen und Druck im Alltag besser umgehen zu können. Ich musste mir in den ersten Jahren vieles selbst beweisen, heute bin ich mir und anderen keine Rechenschaft mehr schuldig. Ich kann morgens im Stallgewand und Gummistiefeln die Tiere am Hof versorgen und am Nachmittag den Lifestyle am Wörthersee genießen und gelassen ein Eis mit Freunden genießen. Das Klischee einer Bäuerin erfülle ich bestimmt nicht, dennoch funktioniert es, das macht die Essenz aus. Ich darf zwischendurch einfach Frau sein und bin trotzdem mit Leib und Seele Landwirtin.“

Zurück zu den Wurzeln

Die Gäste, die den Weg hinauf zum Bergbauernhof Ofner suchen, die spüren die Harmonie, die in der Luft liegt. „Die Menschen sind vermehrt auf der Suche nach Ehrlichkeit, wollen runterkommen und entspannen, vermissen das Geerdete. Sie wollen wissen, wo Lebensmittel herkommen, wollen Zusammenhänge verstehen und sehen, selbst mit anpacken.“ All das ist hier oben in den Nockbergen für Jedermann und Jederfrau möglich. Weil Hilfsbereitschaft, Wertschätzung und Dankbarkeit keine leeren Floskeln sind, sondern an diesem Ort täglich gelebt werden.

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Sabine Ertl
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