#WieWirLeben: Die Urlaubsmacher der Glantaler Beletage

Hofgeschichten, 30.08.2018, Stefan Heinisch

Gisela Maier ist auf einem kleinen Bauernhof in Dellach am Fuße des Kärntner Ulrichsbergs aufgewachsen. Trotz einer schönen Kindheit wollte sie aber nie Bäuerin werden, das stand fest. Die Städte, die große weite Welt wollte sie entdecken. Aber dann kam es doch anders. Sie heiratete einen Bauer aus der Nachbarschaft und wechselte auf die andere Seite des Berges auf eine 25 Hektar große Landwirtschaft in Waggendorf. Die schon als Kind „quietsch-fidele“ Gisela strahlt heute Glück und Zufriedenheit aus. Ich bin mir aber ganz sicher, dass sie auch in der Stadt ihren Weg gemacht hätte. Gemeinsam mit ihrer Familie sorgt sie heute für Glücksmomente der Gäste ihrer drei Ferienwohnungen. Ein Besuch am Wellness-Hof.

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Kinder spielen mit Spielzeugtraktor | © Urlaub am Bauernhof Kärnten / Daniel Gollner

Hubert hatte schon sehr lange bevor er Gisela kennen und lieben lernte seinen besonderen Ort am elterlichen Hof. Den Dachboden, dort oben wo die Oma immer Nüsse trocknete. Ein Ort der Nichtnutzung. Abenteuerspielplatz für den jungen Kärntner, aber doch auch Verschwendung. Allein schon wegen dem genialen Ausblick auf das was Plattentektonik und geodynamische Prozesse vor Jahrmillionen zum heutigen Kärnten formten. Als der Hof vom Vater an ihn übergeben wurde, war es Zeit den spannenden Ort der Kindheit in ein helles Refugium zu transformieren. Ferienwohnungen für Gäste, die Sehnsucht nach Landleben spüren. Basta. Städter mit oder ohne Kinder. Eine Gegenwelt nicht nur zum Urbanen, sondern auch zu den zahlreichen Ferienresorthotels, die mit Einheitsbuffets und Standardarchitektur den Stress des Alltags oft nur anders übersetzen, aber nicht abschalten. Hier am Essleggerhof herrscht das gute, einfache Leben. Gewürzt mit einer ambitionierten Prise Weitblick über Mittelkärnten. Beschützte Ruhelage und doch offen zur Welt. Ein guter Platz um Tourismus unspektakulär zu interpretieren. Und das empfinden wohl auch die Gäste der Maiers, die zu 90% aus „Wiederholungstätern“ (Anmerkung: Stammgäste) bestehen. Damit das auch so bleibt, wird neben der Landwirtschaft fleissig an der Zukunft und dem Wohl der Gäste gefeilt. Aus dem Schweinestall wurde ein Wellnessbereich mit Zirbensauna inklusive Hotpot. Im Garten (Eden) der Liebenfelser steht auch noch ein selbst gebauter Infinity-Pool mit Bodenheizung. Innovation am Land. So schön kann es sein, wenn man kurz vor St. Veit auf die Beletage des Kärntner Glantals abbiegt. Man muss es nur wollen und tun. Aber angesichts des Stammgästeanteils seinen Besuch vorab auch ankündigen.

„Die Kinder steigen aus dem Auto aus und sind angekommen“

Grundsätzlich ist Urlaub auf einem Bauernhof radikal einfach. Fernseher ist Nebensache. Die Sehnsucht nach Orientierung und Erdung in einer Welt, die aus Likes und Dislikes, Timelines und 360° Aufmerksamkeit besteht, reicht eigentlich schon aus um zu verstehen, warum die Maiers und ihre zahlreichen KollegInnen derzeit soviel richtig machen. Hotels können sowas einfach nicht. Never-Ever. Dort bekomme ich zwar im Bio-4-Stern-Superior mein Bio-Frühstücksei mit gutem Gewissen vom lokalen Bauern nebenan, hier am Esleggerhof wetteifern die Urlaubskinder aber in einem frühmorgendlichen Wettrennen um das schönste Ei im Stall. Dürfen es angreifen und spüren das Leben. Für viele Stadtkinder, die das goldgelbe Frühstücksglück nur aus dem Aldi-Karton kennen, ein Magic-Moment. Die Kids fühlen sich sowieso ab dem Moment, in dem sie aus dem Auto austeigen gleich irgendwie daheim. Bei den Eltern dauert das mitunter etwas länger. Von „Es ist so dunkel, ich kann nicht einschlafen“ oder „ich höre den Wasserbrunnen in der Nacht plätschern“, reichen die Erzählungen der von dauerhaftem Zivilisationslärm geplagten Eltern. „Aber nach 2 bis 3 Tagen sind auch die angekommen und liegen in der Hängematte und lesen ein Buch – und wir helfen ihnen auch dabei abzuschalten zu können“, schildert Gisela den Sinn des Reisens aus Sicht jener Landwirte, die sich mit der Vermietung etwas dazuverdienen möchten oder müssen. So auch die Maiers, die samt ihren Kindern auf unaufdringliche Weise ausgezeichnete Gastgeber sind. All jene, die hier waren, nehmen etwas mit. Die Kinder würden später zuhause im Kindergarten sogar erzählen, dass sie mit Hubert, dem Bauern, auf den Berg gegangen sind. Inklusive Speckjause. Großes Storytelling der Kleinen. Ein Stück Abenteuerland für jene Kids, die selbst nur pauschal vereisen dürfen. Und der milliardenschwere Reiseveranstalter TUI hat einen Smile in seinem Logo. Hochmut kommt vor dem Fall.

„Esel Juanita, Hofhund Sunny, ein Forellenteich und noch mehr Kinderlachen“

Urlaubsbetreuung wird groß geschrieben im Hause Maier. Das darf man aber nicht mit Gästeanimation verwechseln. Hubert geht einfach ganz gern Mountainbiken. Manche seiner Gäste auch, also warum nicht verbinden, was eh gut zusammenpasst. Der ortskundige Bauer kommt so zu Abwechslung von Stall- und Hofarbeit, die Kinder zu einem Stück Ferien mit ihren Eltern. Und orientierungslose Urlauber sind dankbar einen Local-Guide dabei zu haben. Kostenlos. Gisela fährt auch Rad, aber mit etwas gemütlicherer Taktung. Sein nennt es nicht „Prosecco-Runde“, obwohl es sich für mich danach anhört. Ein gemeinsamer Pflichtausflug scheint das „Abenteuer Wasserweg“ zu sein. Und darüber hinaus gibt es noch viel zu erkunden. Schloss Frauenstein, eine Fahrradtour nach Kraig zur Mostschänke Müller, ein Ausflug zum Tatschnig-Teich oder zum Kraiger Schloss. All das ist möglich, weil es noch fleissige Großeltern gibt, die immer dann einspringen, wenn Gisela und Hubert ihren Gästen ein Stück Südalpen zeigen. Und das wirkt! „Die Kinder“, sagt Gisela, die wollen eigentlich nie nach Hause fahren, wenn sich ein Ferienaufenthalt dem Ende neigt. „Mama, warum können wir nicht hier bleiben, hier wohnen, es ist doch so schön da?“. Das hört sie oft, wenn Eltern das Gepäck in ihre Vans oder SUVs verladen und Kinder wieder in ihre Sitze müssen. Das ist Reisen. Das ist vor allem Leidenschaft und viel mehr, als der Großteil der Ferienhotels bieten kann. Und das ist meine These.

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Stefan Heinisch
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