#WieWirLeben: Freibauer, Twitterbauer und Allesbauer Heinrich

Hofgeschichten, 12.07.2018, Stefan Heinisch

Der Allesbauer thront am Altersberg zwischen Trebesing und Spittal an der Drau, hält Rinder, Schweine und Rotwild, vermarktet seine Produkte direkt und hat erst kürzlich auf Selbstversorger-Appartements umgestellt. Heinrich Preis ist seit 30 Jahren Bauer & Wirt, besaß schon 2008 (!) ein iPhone und twittert noch heute über sein Leben und all das, was rund um den Hof so passiert. Nur nicht im Wald. Dort genießt er die Ruhe, den letzten Rückzugsort des Nicht-Digitalen. Er zeigt seinen besonderen Schatz aber auch den Gästen, die nach 2 Stunden Waldspaziergang meist glücklich und befreit zurückkehren.

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Mann steht bei Pferd und greift auf den Kopf des Pferdes | © Urlaub am Bauernhof Kärnten / Daniel Gollner

Heinrich Preis hat verstanden, dass Tourismus unbestritten auf der Vermittlung von möglichst authentischen, einfachen Geschichten basiert. An Menschen, die während ihres Aufenthaltes auf einem Bauernhof in eine Gegenwelt eintauchen, da sie selbst meist Städter sind. Im Urlaub zieht es sie weniger nach Barcelona oder Amsterdam, als aufs Land, um sich selbst und ihren Kindern für ein paar Tage eine heile Anderswelt zu gönnen.

Heinrich meint, der „deutsche Großstädter“ sei für ihn sowieso der perfekte Gast, mit dem könne er am besten. Dieser Typ Reisende lauscht gerne den unzähligen Bauern-Geschichten des Kärntners und kann davon auch nicht genug bekommen. Sagt Heinrich. Er wird mit seiner These wohl nicht gänzlich falsch liegen, das zeigen auch die fetten Auslastungszahlen im Zimmerplan. Heinrich ist ein Storyteller. Ein philosophischer, innovativer Landwirt, der sich seit 1991 jeden Sonntag Zeit nimmt, den neu angekommenen Gästen persönlich Hallo zu sagen.

„Wir Bauern sind in der Gesellschaft nichts mehr wert“

Heinrich kann aber auch anders. Der Bauernstand, Pfleger der Kulturlandschaft, ist heute nichts mehr wert. Sie hätten gegenwärtig keine guten Netzwerke mehr, keinen direkten Draht in die Politik, den Nationalrat, meint er. Das war früher anders. Aber egal. Von Förderungen hatte er sich eh nie abhängig machen wollen. Natürlich nimmt man das Geld, wenn’s denn gewährt wird – aber Heinrich war stets wichtig, dass sich seine Vorhaben und Projekte selbst rechnen. Basta. Bauer Preis ist erstaunlicherweise schon ein wenig Opfer seiner eigenen Umtriebigkeit, seines Speeds geworden, denn eigentlich möchte er es mit seinen 50 Jahren schon ruhiger angehen und nicht mehr „jederzeit eine Lösung im Kopf haben müssen“. Die Nachfolge ist eh gesichert, das sollte ihn beruhigt stimmen. Mit Simon, dem jüngsten seiner drei Kinder, steht der Jungbauer 4.0 schon in den Startlöchern für die noch ferne Hofübernahme, während die Oma mit 75 standfest für ausgezeichnetes, einfaches Essen sorgt. Slowfood könnte man dazu sagen, ohne auf der Eingangstüre zur Wirtshausstubn eine Plakete zu finden, die dieses Prädikat offiziell benennen müsste. Oma Preis kratzt das nicht. Egal. Auch die Schwester hilft in der Gastwirtschaft und am Hof. (Ehe-)Frau Preis unterrichtet Deutsch und Latein am Gymnasium in Spittal an der Drau. Gute Family-Power eben.

„Ein neues Beherbergungskonzept. Umstellung auf Selbstversorger“

Der freigeistige Alles-oder-nichts-Bauer kooperierte in den 1980er-Jahren bereits mit dem Baby- & Kinderhotelpionier Siggi Neuschitzer aus dem benachbarten Trebesing, wollte dann, wohlgemerkt nach Jahren des Erfolgs, aber die Wurzeln seines Lebens als Bauer und Beherberger wieder mehr in den Mittelpunkt rücken und besann sich seiner alten Stärken. Egal ob in der Direktvermarktung der Produkte am Wochenmarkt in Spittal an der Drau, den er seit 20 Jahren regelmäßig besucht, oder die Vermietung der Appartements – Qualität setzt sich schlussendlich immer durch und bringt den Kunden (wieder).

Die neue Philosophie am Altersberg scheint für den Bauer selbst mehr Umstellungsdruck, als für seine Gäste zu sein, die natürlich hofeigene Produkte für die Eigenversorgung ordern können. Werktags gibt es auf Vorbestellung sogar Mittagessen. Aber ganz ohne Schnick-Schnack, keine Auswahl, nur ein Hauptgericht (ohne Suppe und Nachspeise, damit ja keine Missverständnisse aufkommen können!). Zeitgeistige Marketing-Rockstars nennen eine derartig konsequent auf die Spitze getriebene Essenz des Einfachen heute „Ultralokal“. Aber das kümmert den Heinrich nicht. Er ist zufrieden, so wie es ist. Solange er die wohltuende Magie seines eigenen Waldes genießen kann.

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Stefan Heinisch
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