#WieWirLeben: Nudelproduktion im Adlerhorst

Hofgeschichten, 30.08.2018, Stefan Heinisch

Sonja und Didi Klancnik betreiben ein kleines Bergbauernhof-Refugium in der Gemeinde, die den südlichsten Punkt Österreichs markiert. Bad Eisenkappel (Zelezna Kapla) ist auch der einzige rot-weiss-rote Ort, der gleichzeitig die Prädikate Kur- und Luftkurort trägt. Wow! Etwas oberhalb der Südkärntner Gemeinde, die mit dem Seebergsattel an Slowenien grenzt, liegt der Arlitscherhof der Klancniks. Wie in einen Adlerhorst gebettet. Beschützt und nach ein paar Höhenmeter Fussmarsch doch mit guter Fernsicht gesegnet. Daneben Wiesen, Obstbäume, Wald. Besuch am Hof, der nie Hühnerfarm werden wollte und es doch ist.

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Bub rutscht verkehrt die Rutsche hinunter | © Urlaub am Bauernhof Kärnten / Daniel Gollner

All das war nie geplant, versichert mir Didi Klancnik, der mit seiner Frau Sonja den Arlitscherhof führt. Vollerwerbsbetrieb und so. Über 300 Hühner im Freilaufgehege. Eierüberschuss und Nudelproduktion. Und so weiter. Aber der Reihe nach. 2007 erwarben sie den Hof, der – so nennt es der Landwirt selbst – von den Vorbesitzern im Substandard betrieben wurde. Keine Werkzeuge, keine Maschinen. Gearbeitet wurden mit Ochsen. Und Achtung, wir sprechen nicht von der Nachkriegszeit, sondern den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts. Die Geschichte des Anwesens geht bis 1850 zurück. Anscheinend waren es Maurer aus dem Kanaltal, die hier Grund und Boden erwarben und ein erstes Gebäude errichteten. Die Klancniks wiederum arbeiteten im Leben vor der Vollerwerbslandwirtschaft beide in der Gastronomie und kauften den Hof eigentlich nur, um in den arbeitsfreien Zwischensaisonen ein Zuhause und Nebenerwerbsbeschäftigung zu haben. So die Theorie. Sonjas Jugendtraum hatte mit Südkärnten auch nichts am Hut. Sie wollte immer Wollschweinezüchterin in Kanada werden. Auch wenn es jetzt „nur“ Hühner, Schweine, Enten, Gänse, Schafe und Ziegen geworden sind, lebt sie mit ihrem Mann und den vier Kindern Anna, Johannes, Thomas und Katharina ihren Traum, das scheint gewiss, den die Frau strahlt.

Wenn man hier Produkte erzeugt, muss es kein Orangenlikör sein.

Didi, übrigens gelernter Koch, leitete noch bis 2015 ganze 16 Jahre lang eine Schwimmbadgastronomie in Bleiberg (Pliberk). Nachdem er hier oben im Vollerwerb aber durchaus gut beschäftigt ist, legte er die Tätigkeit nieder. Natürlich nicht ohne Wehmut. In den 10 Jahren seit die Klancniks in Lobnig, etwas oberhalb von Eisenkappel, eingezogen sind, hat sich einiges getan. Als Didi – noch als Betreiber der Schwimmbadgastronomie – auf der Suche nach einem verlässlichen Kasnudl-Lieferanten war (Anmerkung: Die Kärntner Nudel (slowenisch koroški krapi) ist ein dünn ausgewalzter Nudelteig, der zu einer bis zu faustgroßen Tasche geformt und mit verschiedenen Zutaten gefüllt wird), entschied der eh nicht arbeitsscheue Landwirt, selbst in die Lebensmittelproduktion einzusteigen. Fortan war die Abnahme gesichert und die Hühnerfarm am Arlitscherhof wuchs und wuchs. Die Entscheidung, den Hofladen auch mit Trockenware, also Bandnudeln, Suppennudeln, Spiralen usw. zu bestücken, schien logisch. Denn Eier gibt es ja genug. Die Klancnik’sche Hausphilosophie klingt tadellos: Alles, was rund um den Hof gedeiht, wird verarbeitet. „Und wenn wir alles, was hier wächst, wirklich zu Produkten veredeln würden, wäre das Jahr dafür nicht ausreichend“, sagt der Bauer und ich glaube ihm, nicht erst nach einem Blick in seinen gut sortierten Hofladen. Auch Most, Essig und Schnaps wird angeboten, zahlreiche Obstbäume zeugen vom 0,0 Kilometer-Produkt. Als leidenschaftlicher Gastronom war Didi ohne Gästeausschank nicht allzu lange glücklich und so gibt es jetzt jeweils Freitag bis Sonntag ab 13 Uhr auch noch das Hofcafé mit köstlichen Mehlspeisen, Kaffee und kleineren Jausen. Für das Fleischangebot werden Schweine gehalten. Eine radikal lokale Produktion eben.

Wir lassen unsere Gäste einfach „sein“.

Die Urlauberschar ist vielseitig – von der klassischen norddeutschen Familie, die länger als eine Woche bleibt, bis hin zum Auszeit-Suchenden Pärchen aus der Umgebung, das gerademal 20 Auto-Minuten entfernt lebt und trotzdem in der Nähe Urlaub machen möchte. Stadt- und Landmenschen. Ein milieuübergreifender Mix. Die Klancniks werden von den Reisenden mit längeren Aufenthalten beschenkt, als dies im österreichischen Tourismus üblich ist. Viele bleiben mehr als 7 Tage, manche Gastfamilien in letzter Zeit sogar auch wieder zwei oder gar drei Wochen. Sommerfrische reloaded? Hier am Hof verbiegt man sich jedenfalls nicht, um Gäste zu be-spaßen. Keine Hofführungen oder getimtes Tiere füttern. Jeder Gast ist aber herzlich eingeladen mitzuwirken und zuzuschauen, wenn zum Beispiel Brot gebacken wird. „Und wenn gerade mal nichts passiert, dann ist das eben so“, überzeugt mich Didi Klancnik von einem klaren Verständnis zeitgemäßer Gästebetreuung. Das Wegfallen von Zeitplänen und geregelten Essensausgaben bringt nicht nur viel Freiheit, sondern auch Selbstverantwortung mit sich. So viel sogar, dass Gäste bei der Ankunft manchmal fragen, in welchen Bereichen sie sich hier überhaupt frei bewegen dürfen. Didi schmunzelt. Ich nicke und nasche noch mal eine Handvoll hausgemachter Hadn-Chips. Die gibt’s übrigens auch im Hofladen.

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Stefan Heinisch
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