Ein Achterl in Ehren
Mit dem Wein ist das so eine Sache. Hat man einmal den Weinbauern seines Vertrauens gefunden, bleibt man ihm treu – komme, was wolle. Öffnet man dann eine Flasche, weiß man ziemlich genau, was einen erwartet.
Urlaub am Bauernhof beschert nicht nur den Gästen schöne Erinnerungen. Auch die Gastgeber denken gern an gemeinsam Erlebtes zurück und freuen sich auf bessere Zeiten.
Eine Serie quer durch die Bundesländer von Elisabeth Freundlinger
Tatsächlich entscheiden viele Faktoren über Qualität und Geschmack des Weins mit: Wie viel Regen haben die Trauben in den vergangenen Monaten abgekriegt? Wie war es um die Luftfeuchtigkeit bestellt? Gab es Spätfrost oder womöglich Hagel? Und vor allem: Wie viele Sonnenstunden hatte der Weingarten? – Nein, die Natur ist kein Wunschkonzert.
„Das Wetter spielt bei uns am Weinbauernhof eine große Rolle“, erzählt Dorothea Jagschitz vom Remushof in Oslip. „Im Nordburgenland sind wir von der Sonne verwöhnt, aber auch wir kennen durchaus die Katastrophen. Wenn es hagelt, und du nur zuschauen kannst … das ist schrecklich.“
Spätestes bei der Weinlese stellt sich jedes Mal heraus, wie gut der diesjährige Wein sein wird. Das ist ein spannendes Erlebnis für die Weinbauern und alle Erntehelfer. Immerhin steckt ein Jahr schwere Arbeit dahinter.
Das Jahr im Weingarten
Das Arbeitsjahr beginnt für Weinbauern kurz nach dem Dreikönigstag mit dem Rebschnitt. Im Frühjahr werden unerwünschte Triebe vom Stock entfernt – also „geputzt“. Im Frühsommer beginnt die Laubarbeit mit dem Entfernen der Geiztriebe und dem Auslichten der Laubwand. Vieles davon ist mühevolle Handarbeit, die keinen Aufschub erlaubt. Dazu kommen die Bürotätigkeiten, die Vermarktung, der Verkauf, das Ausliefern – und, normalerweise – der Besuch von Weinmessen. Etiketten müssen gestaltet, Facebook und Instagram bedient werden. Viele Prozesse laufen einfach so im Hintergrund. Höhepunkt des Jahres ist unumstritten die Weinlese.
„Als Faustregel gilt: Hundert Tage nach der Weinblüte wird gelesen“, berichtet Dorothea. „Im Allgemeinen ist das zwischen dem 8. und dem 25. September. Durch den Klimawandel ist das inzwischen mindestens drei Wochen früher als noch vor 30 Jahren. Unsere Stammgäste, die beim Lesen mitmachen, melden sich schon rechtzeitig an. Bei der Lese dabei zu sein, ist für viele ein großartiges Abenteuer.“
Die Weinlese dauert ca. drei Wochen. Dabei werden die Trauben händisch geschnitten, in den Keller transportiert und gekeltert.
"Wir leben Wein"
Die Weingärten von Familie Jagschitz liegen in der Region Leithaberg, an den Hängen und am Plateau des Ruster Hügellandes in der Region Leithaberg. Die Nähe zum See und das pannonische Klima begünstigen nicht nur die Sortenvielfalt und Qualität der Weine, sie sichern auch das Urlaubsvergnügen der Gäste. Am Remushof stehen fünf gemütliche Doppelzimmer bereit, und das freundliche Haus ist eine gute Basis für Ausflüge zum See und in den Nationalpark. Die Kombination aus Weinverkostung und Rad- oder Erholungsurlaub ist für viele Gäste genau das Richtige. Oder, wie ein langjähriger Stammgast schreibt: „Wenn wir nach Oslip kommen, strahlt der Remushof eine nicht beschreibbare Wärme und Heimeligkeit aus und man fühlt sich einfach zu Hause, man fühlt sich einfach angekommen.“
Kellermeister Franz lässt sich bei der Arbeit gern über die Schulter schauen und hat zum Thema Nachhaltigkeit und Bio-Weinbau wirklich viel zu sagen. Schließlich ist es das Wechselspiel zwischen altem Wissen und moderner Technologie, auf das es ankommt. „Als Winzer ist es meine oberste Prämisse, der Rebe und dem Wein begleitend zur Seite stehen, ohne das natürliche innere Gleichgewicht zu stören oder es zu manipulieren.“
Alle ziehen an einem Strang
Der Hof ist seit vielen Jahren im Besitz der Familie – der Hausname geht schon auf das Jahr 1684 zurück. Inzwischen ist mit Dorothea und Franz die sechste Generation am Zug. Aber auch die siebente Generation steht schon bereit. Der 19-jährige Franz Paul, der Junior des Hauses hat letztes Jahr in Klosterneuburg die Ausbildung zum Önologen mit Bravour abgeschlossen und bringt jetzt als Winemaker sein Wissen und seine Kreativität intensiv ein. „Dass der Weinbau seine Leidenschaft ist, hat sich bei ihm bald gezeigt. Schon zu Schulzeiten war seine erste Frage beim Heimkommen: Was gibt’s zu tun?“, erzählt Mama Dorothea stolz. Auch Tochter Agnes, 22, ist immer zur Stelle, wenn sie gebraucht wird. Früher war auch noch die Oma im Team, die ist aber inzwischen im redlich verdienten Ruhestand.
Das Zusammenleben von Alt und Jung klappt auf dem Remushof sehr gut, denn die gemeinsame Liebe zum Wein schweißt die Familie zusammen.
2002 haben Dorothea und Franz den Hof grundlegend umgebaut. Großen Wert haben sie darauf gelegt, den Keller mit dem knapp 300 Jahre alten Sandsteingewölbe zu bewahren. Heute wird der alte Sandsteinkeller bei Verkostungen gern von den Gästen besucht.
„Wir leben Wein“ ist das Motto von Familie Jagschitz, und für die Gäste gilt dann eben: „Wir erleben Wein“.
Abenteuer Weinlese
„Wir Weinbauern haben das ganze Jahr über viel zu tun, aber der September und Oktober sind für uns die intensivste, aber auch die schönste Zeit.“
Die Weinlese ist ein fröhliches Miteinander, bei dem jeder Handgriff sitzen muss. Gäste sind als Erntehelfer am Remushof immer willkommen. Im Unterschied zu den Weinbauern ist die Lese für die freiwilligen Helfer oft mehr Vergnügen als Arbeit. Plaudern und lachen gehört einfach dazu. Das Highlight ist die von Dorothea bereitete Jause, bei der sich nach getaner Arbeit alle zusammenfinden. Da werden dann alle Fragen beantwortet und auch das eine oder andere Glaserl wird in der fröhlichen Runde miteinander geleert.
Und immer wieder kommt der Moment, da einer der Gäste feststellt: „In Zukunft werde ich jedes Achterl mit Ehrfurcht trinken!“ – Prost!