Maibaum - "So a Griss um an Bam"

Bäuerliche Tradition, 08.04.2023, Urlaub am Bauernhof Oberösterreich

Wer findet den schönsten Maibaum in Oberösterreich? Ab 1. Mai steht in jeder Gemeinde mindestens ein solches Prachtexemplar. Die Traditionen sind in den Regionen Oberösterreichs etwas individuell, nur eine Gemeinsamkeit gibt's - es geht durch den Magen, mit lokaler Kulinarik, Most und Bier!

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Miniatur-Maibaum vor einem Baum | © Urlaub am Bauernhof Oberösterreich / Landjugend OÖ

"So a Griss um an Bam ..."

(So ein Gerangel um einen Baum)

In den Gebirgstälern der Nationalparkregion Kalkalpen werden besonders fleißige und engagierte Personen, freiwillige Helfer, ehrenamtliche Obleute, „runde“ Geburtstagskinder oder in freudiger Erwartung stehende Paare vom Freundes- bzw. Vereinskreis auserwählt und mit dem Setzen eines Maibaums vor deren Haus geehrt. Etwas ganz Besonders sind die kleineren „Kinderbäume“, die von Familien oder Freunden für besonders kluge Köpfe, zum Pflichtschulabschluss oder Schulwechsel aufgestellt werden.

Planung ist das A und O

Nach Rücksprache mit den Bauern sieht man Anfang April da und dort kleine Männergruppen, mit Motorsägen bewaffnet, durch die Wälder huschen. Gesucht werden stämmige, 25 - 30 m hohe Fichtenbäume, von denen händisch - an einem geheimen Ort – die Rinde abgeschält wird.

Bei der Dekoration liegt besonderes Augenmerk auf dem Wipfel. Den nimmt man von einer Lärche, speziell aus der Region Hinterstoder bis Roßleithen, und setzt ihn ganz oben auf den Fichtenstamm. Dazu kommt eine lange, bunte Girlande, die auf „Waschlier“ (lokale Bezeichnung einer Liane aus dem Wald) gebunden wird. Ab jetzt heißt es achtsam sein, denn so ein vorbereiteter Maibaum ist begehrtes Diebesgut! „Ehrliche Räuber“ hinterlegen freundlicherweise einen Hinweis, wo der Baum zu finden und gegen Einsatz auszulösen ist!

Unterdessen kümmern sich die Frauen um die Dekoration. Drei unterschiedlich große Kränze aus Tannenzweigen werden gebunden, mit farbenfrohen Stoffstreifen verziert und um den Baumstamm gehängt. Manchmal findet der Beschenkte auch einige seiner persönlichen Utensilien vom untersten, größten Kranz baumeln – von Kochtöpfen über Gartengeräte bis zu speziellen Kleidungsstücken war schon alles dabei! Ist das Meisterstück fertig, geht es an die Zustellung.

Und so läuft es dann ab ...

Bäuerin Elisabeth vom Ferienhof Mittermair hat es selbst zu ihrem 40. Geburtstag er- und durchlebt! Die Landjugend stand mit Umtata-Trallala und dem prachtvoll geschmückten Maibaum vor ihrer Tür. Mit „Puh“ und „Ach“ hievte man diesen in mehreren schweißtreibenden Schritten, unter wohlgemeinten Anleitungen der Umstehenden, äußerst vorsichtig in das vorgesehene Erdloch. Da blieb dem überraschten Geburtstagskind nichts Anderes übrig, als rasch ein paar Tische und Stühle aufzustellen und das Mostfass anzuzapfen – die Jause hatten die Gäste wohlweislich gleich im Rucksack mitgebracht.

In der Feierlaune schwindet oft die Aufmerksamkeit und schon hat man’s verpasst - schwups ist der Baum weg! Sich die Maibaum-Trophäe zu holen, ist das Ziel der anderen, was grundsätzlich gar nicht so einfach ist, da zum Umlegen und Abtransport nur Muskelkraft eingesetzt werden darf! Tja, und wozu ist das alles gut? Na klar! Als Lösegeld gibt's nämlich die nächste ausgibige Jause und eine Kiste Bier!

"Ich habe die kritischen 3 Tage, an denen der Maibaum gestohlen werden darf etwas übernachtig überstanden. Mein Baum stand danach noch auf seinem Platz und ich durfte mich bis Oktober daran erfreuen."

Elisabeth Schmeißl

Wenn der Maibaum im Oktober noch steht ....

... dann erfolgt das "große Umsägen" unter musikalischer Begleitung eines Ziehharmonikerspielers. Nachbarn und Freunde stehen mit Ratschlägen und weniger hilfreichen Handgriffen zur Seite, denn manchmal wird die Sägearbeit erschwert und Sand und Bier über das Sägeblatt geschüttet. Hört man endlich den Schrei „Baum fällt“, ist die Maibaumtradition in diesem Jahr positiv beendet. Gefeiert, getanzt und gelacht wird allerdings noch die nächsten 1 - 3 Tage, oft mit bis zu 300 Personen, wobei das eine oder andere persönliche Gedicht nicht fehlen darf mit den Schlussworten " … und ois Guate wünschn die Maibaumsetzerleut."

Das Holz wird manchmal für einen guten Zweck versteigert oder heizt den Kachelofen im Winter, bis es wieder heißt "Alles neu macht der Mai!"

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