#WieWirLeben: Lake Boy fürs Hochprozentige

Hofgeschichten, 17.04.2018, Stefan Heinisch

Seiner Neugierde für das, was am Obergasser-Hof mal war, ist es zu verdanken, dass er trotz seiner Jugend seit nunmehr zwölf Jahren Schnaps brennt. Völlig legal, da am Hof ein sogenanntes „Abfindungsbrennrecht“ existiert. Die Oma konnte sich noch gut erinnern und lehrte ihm crashkursartig das Handwerk für die Gewinnung hochprozentiger Tropfen aus dem, was eben so wächst, hier auf den Wiesen am Weissensee. Besuch beim Bio-Landwirt und Schlagzeuger.

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Schweine fressen im Stall | © Urlaub am Bauernhof Kärnten / Daniel Gollner

Früh war klar, wer den Hof übernehmen wird. Nachdem Michaels Bruder eine akademische Ausbildung absolvierte, war Michael der Auserwählte, der nach dem erfolgreichen Abschluss der Tourismusschule in Hermagor, vor mittlerweile fünf Jahren begonnen hat, das weiterzuführen, was drei Generationen vor ihm aufgebaut haben. Der Großvater führte noch einen Milchbetrieb, der Vater stellte dann bald auf Mutterkuhhaltung um und mit dem Bio-Zertifikat schließt sich der Kreis der Nachhaltigkeit. Tourismus funktioniert hier schon etwas länger ganz passabel, auf der Beletage Oberkärntens, dem angenehm unspektakulären Naturpark Weissensee mit großer Fanbase an NatursehnsüchtlerInnen. Und so ist das G’schäft mit den Gäst‘ Haupteinnahmequelle. Die Landwirtschaft aus Ertragssicht jedoch beständig-solider Nebendarsteller.

„Stures Bergvolk von Neid befreit“

In den 70er-Jahren des vergangen Jahrhunderts, in einer Epoche, in der das Auto nicht nur ein fahrbarer Untersatz sondern auch noch ein gesellschaftspolitischer Mobilitätsmessias war, sollte eine Durchzugsstrasse bis ans Ostufer des Alpensees nach Stockenboi errichtet werden. Die selbstbewussten, dickköpfigen Weissenseer befanden das Vorhaben aber als gar nicht erstrebenswert und daher wurde halt nicht gebaut. Für die heutige Positionierung als „sanfte Tourismuszone“ ein ganz großes Geschenk. Die Autofreiheit wird natürlich nicht konsequent exekutiert, vielmehr sind alternative Mobilitätsangebote so gut ausgebaut, dass viele Gäste zumindest nach der Anreise gerne ihr Auto stehenlassen. Der Ausbau der Freizeitmobilität ist mehr als vorbildlich. Modellhaft.

„Wassersportgarantie ab Hof“

Der Obergasserhof liegt nicht nur schön und bietet seinen Gästen ein Seegrundstück in Gehnähe, auch wassersportbegeisterte Gäste finden hier beste Voraussetzungen für aktives Freizeitglück. Michaels Bruder betreibt die hofeigene Segelschule, wo schon den etwas kleineren Gästen ein spielerischer Zugang zum Surfen ermöglicht wird (ab 6 Jahren). „Im Alter von zwölf Jahren - ohne das genau einzugrenzen zu wollen - macht das Segeln Sinn. Vorher eher nicht“, meint Michael, der auch selbst einen Segelschein besitzt und die wilderen Seiten des stoischen Bergsees kennt. „Wenn es kracht und donnert, ist es gut, sofort ans Ufer zu kommen, denn auch unser See ist nicht immer nur eine glatte Touristen-Badewanne“, spricht er aus Erfahrung über Wettersturz und Co. Zum Einsatz kommen allerdings Kielboote, die gar nicht kentern können.

„Schnaps, Musik & Ehrenamt“

Michael ist ein Tausendsassa. Immer am Hof, 7 Tage die Woche. Die Feldarbeit und das Fischen sind Nahrung für seine Work-Life-Balance, die auch schon als Jungbauer gepflegt werden soll. Für ein paar freie Abende springen schon mal seine Eltern ein, die selbstverständlich immer noch am Hof mitanpacken. „Im Herbst, da lebe und genieße ich mein Hobby, die Schnapsbrennerei“, so Michael über die Praxis des Brennhandwerks. Was vor zwölf Jahren mit Omas Hilfe und „russischen Methoden“ begonnen hat, hegt und pflegt der Neusacher mit viel Motivation und Hingabe. Stets ist er bemüht, den Qualitätsweg für seine Erzeugnisse zu verfolgen. Dafür wurde auch ein neuer Kessel angeschafft. Gebrannt wird, was am Hof wächst, so will es das Gesetz. Mittlerweile bietet der örtliche Tourismusverband auch schon Wanderungen zum Schnapsbrenner Lilg an. Ein weiteres Standbein für den Obergasser-Hof.

Wahrscheinlich ist Michael Lilg nicht der einzige „Drummer“ unter Österreichs Bio-Bauern. Das Schlagzeugspielen ist bei ihm allerdings auch etwas mehr, als nur lärmender Ausgleich im Partykeller. Michael ist Teil der zumindest auf regionaler Ebene bekannten Band „Carinthian Lake Boys“, um die es in letzter Zeit etwas ruhiger geworden ist. Neben örtlichen Engagements und lokalen Dorffesten, konnten die Kärntner Seebuben aber auch schon auf den „big stages“ ihr Fanpublikum überzeugen. KAC-Eishockey-Gala und Internationales Harley Davidson Treffen am Faakersee, um zwei echte Highlights zu nennen. Schön, dass die Hofbühne am Weissensee aber Michaels Hauptarena bleiben wird. Für immer. Danach sieht es zumindest aus.

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Stefan Heinisch
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