#WieWirLeben: Eine Frau, die auszog, um ihren Traum zu leben

Hofgeschichten, 03.09.2018, Sabine Ertl

Karin Schabus wollte schon immer Bäuerin werden. Das mag nun an dieser Stelle vielleicht etwas klischeehaft anmuten, ist es aber ganz und gar nicht. Vielmehr geht es um einen Lebenstraum, der Wirklichkeit wurde. Gelungen ist ihr dieser am Biohof Seidl.

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Frau und Mädchen schneiden etwas am Brett | © Urlaub am Bauernhof Kärnten / Daniel Gollner

Eine Frau, die auszog, um ihren Traum zu leben.

Am elterlichen Bauernhof in Niederösterreich aufgewachsen, war für Karin Schabus schon als Kind klar, dieser Hof sollte ihre Bestimmung werden. Doch daraus wurde nichts, der Bruder übernahm den Hof, Karins Traum zerplatzte. Kein Grund jedoch für die junge Frau, die Leidenschaft für die Landwirtschaft einfach so ad acta zu legen: „Ich dachte mir damals, wenn es schon nicht der Hof sein soll, dann zumindest ein landwirtschaftlicher Beruf.“ Gedacht, gesagt, getan. Die Reise führte Karin vorerst nach Wien, auf der Hochschule für Agrar – und Umweltpädagogik wurde sie zur Landwirtschaftslehrerin ausgebildet. Und wie das Leben so spielt, lernte sie dort ihren Mann Konrad kennen und lieben. Konrad, waschechter Kärntner und Bauer aus Überzeugung, fragte recht bald, ob sie es sich denn vorstellen könnte, ihr Leben mit ihm am Hof in Bad Kleinkirchheim zu verbringen und ihre Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Ja.

Voller Tatendrang ans Werk

„Natürlich, der Abschied vom Vater und dem Hof in Niederösterreich war von Tränen geprägt, aber in Kärnten wurde ich von Konrads Eltern herzlich aufgenommen“, erinnert sie sich. Die Großeltern übergaben den Hof und sagten zu dem jungen Paar: „Tuat’s anfoch, das ist nun eure Herausforderung“. Diese nahmen die beiden gerne an. Eine gesunde Aufteilung zwischen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Urlaub am Bauernhof sollte es werden. 1990 kam er erste Sohn zur Welt, zwei weitere Kinder folgten bald, 1993 wurde man zum Biohof, das Bauernhaus wurde kurzerhand umgekrempelt, der Name Bio sollte sich auch in den Wänden und Böden durchziehen, nicht nur in der Landwirtschaft selbst. „Wir isolierten mit Papierschnitzel und setzen auf geölte Holzböden. Waren anfangs alle etwas verblüfft, ist das Haus für uns mittlerweile zu einer dritten Haut geworden“, ist Karin stolz. Und auch die Gäste wissen den naturbelassenen Stil in den Ferienwohnungen zu schätzen: „Viele fragen uns, wie sie das in ihren eigenen Heim nachmachen und realisieren können.“

Glaubensfragen

Zwischen all der Harmonie gab es natürlich auch die ein oder andere Herausforderung. Als Karin auf den Hof nach Kärnten kam, fand sie ein evangelisch geprägtes Haus vor, sie selbst war katholisch erzogen worden. „Verschiedene Bräuche, wie das Räuchern zur Weihnachtszeit, waren nicht üblich, stießen aber auf Akzeptanz, wir tauschten uns aus. Heute fragt mich meine Schwiegermutter gerne nach einem geweihten Palmbuschenzweig für den Segen in ihrem Haus.“

"Frühaufsteherin? Nein."

Mag Karin eine Bäuerin mit Leib und Seele sein, eines ist sich mit Sicherheit nicht: Frühaufsteherin. „Die Morgenarbeit im Stall übernimmt Konrad. Ich bin für das Frühstück zuständig.“ Und genau diese Zeit, wenn der neue Tag anbricht, lässt sie sich von niemanden nehmen. Die gehört ganz der Familie. Um Punkt Acht Uhr werden dann die Frühstückskörbchen mit der kuhwarmen Milch den Gästen vor die Zimmertür gelegt. Danach richtet man sich arbeitstechnisch ganz nach den Jahreszeiten. „Kein Tag gleicht dem anderen, das ist das Schöne als Bäuerin. Im Sommer wartet die Heuarbeit, die Kühe und Pferde auf den Almen wollen besucht werden, im Herbst wird geerntet und zur Pirsch auf die Alm aufgebrochen, im Winter dominiert die Stallarbeit und Wildfütterung, der Frühjahr lässt die Aussaat gelingen.“ Produziert wird nach Möglichkeit selbst: Topfen, Joghurt, Milch, frisch verarbeitetes Fleisch, Tees und Marmeladen, Brötchen aus dem eigenen Winterroggen, was möglich ist und die Zeit zulässt wird selbstgemacht.

Die Kraft des Waldes

Einen großen Teil der Arbeit am Biohof Seidl nimmt die Forstwirtschaft ein. Auch hier suchte Karin das Besondere. Was darin gipfelte, dass die Ferienwohnungen nach verschiedenen Holzarten ausgerichtet wurden. „Es gibt Lärchen-Appartements und Zimmer aus Fichten- und Zirbenholz. Gerade die Zirbe mit ihren ätherischen Ölen sorgt für großes Wohlbefinden und senkt nachweislich die Herzfrequenz.“ Und wenn Karin ins Erzählen kommt, sprudeln die Tipps für alle erdenklichen Lebenslagen ohnehin nur so aus ihr heraus: „Eine Getreidemühle aus Zirbenholz gezimmert hält Schädlinge fern, inhaliert man Ameisensäure, macht das die Atemwege frei und an die Heilkräfte der unscheinbaren Speikpflanze, welche nur hier in den Nockbergen wächst, soll einst schon Kleopatra geglaubt haben.“

Auszeit

Für ruhige Momente fahren Karin und Konrad gerne mal mit einer Flasche Wein im Gepäck auf die Alm: „Der schönste Platz für mich ist unsere Alm. Wenn der Trubel zu groß wird, kann ich ganz oben am besten abschalten. Dann schaue ich runter auf das Gewusel und bekomme eine andere, eine weitere Perspektive auf die Dinge. Dazu die sanften Nockberge, das Ziehen der Wolken, das beruhigt. Dies versuche ich unseren Gästen weiterzugeben, indem ich sage: Erdet euch, geht hinauf in die Berg.“ Wobei die Gäste am Biohof Seidl ohnehin überall dabei sein dürfen: Beim Brotbacken, bei der Geburt eines Kalbes, zur Heuernte oder bei der Wanderung zum Vieh auf die Alm – Gastfreundschaft ist hier keine Floskel, sondern eine Lebenseinstellung.

Wissen weitergeben

Dass das Wissen um die Natur dabei nicht verloren geht, ist Karin eine Herzensangelegenheit: „Das ist eine große Herausforderung. Die Sensibilität für die Natur ist bei vielen Menschen einfach nicht mehr da. Man sieht diese Problematik beispielsweise auf den Almen. Mutterkühe sind ja keine bösen, attackierenden Rinder, sie versuchen lediglich, ihr Kalb zu schützen. Ein gesunder Respektabstand ist hier nötig. Mehr Ehrlichkeit in der Werbung würde schon viel helfen. Die heile Welt die dort dargestellt wird, hat mit der Realität nichts zu tun.“ Und genau aus diesem Grund schätzt Karin die Grundidee von Urlaub am Bauernhof: „So können wir zeigen, wie wir wirklich leben. Die Gäste sehen, wo unsere Wurzeln sind, wie Dinge entstehen und wachsen und plötzlich sind die Zusammenhänge nicht mehr kompliziert, sondern schlicht und einfach logisch.“ Dies zu vermitteln, den Lauf der Natur wieder zu erkennen, diese Botschaft steht für sie im Vordergrund.

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Sabine Ertl
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