Projekt "Einen Schritt zurück"

Hofgeschichten, 03.08.2017, Stefan Heinisch

Sonja Schossleitner ist ein Wohnungskind aus Strobl. Als sie der Liebe wegen 2011 auf den Eislbauerhof am anderen Ende des Wolfgangsees nach St. Gilgen wechselte, hatte sie eigentlich „Null Ahnung“ von der Landwirtschaft. Die Produktmanagerin für Golfschläger hängte trotzdem ihren guten Job an den Nagel und wagte den Köpfler ins kalte Wasser. Heute bewirtschaftet sie gemeinsam mit ihrem Mann Andreas einen von insgesamt neun Salzburger Archehöfen.

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Am Bio Archehof Eislbauer im SalzburgerLand wird Nachhaltigkeit gelebt. Alte Gegenstände wie Milchhannen werden zu kreativen Dekoelementen verarbeitet. | © Urlaub am Bauernhof im SalzburgerLand / Daniel Gollner

Sonja kommt aus beruflicher Sicht eher aus der technischen Ecke. 15 Jahre Berufskarriere bei dem international renommierten Sportartikelproduzenten Komperdell in Mondsee und die Entwicklungsverantwortung für den Bereich Golfschläger wirft man doch so schnell nicht hin, würde man meinen. Aber seit Andreas 2008 eindrucksvoll in ihr Leben getreten ist, hat sich die Sichtweise auf das „Wie“ des Seins und Tuns radikal geändert. „Mein Leben hat jetzt eine komplett andere Bedeutung“, erklärt Sonja das Gefühl des Findens, wohl nach jahrelangem Suchen.

Der Eislbauerhof ist kein klassischer landwirtschaftlicher Betrieb, sondern ein Archehof, also Heimat, Zucht- und Präsentationsstätte seltener Nutztierrassen. Hier oben mit Blick über den Wolfgangsee sind das Pustertaler Sprinzen, Pinzgauer Kühe und Ziegen sowie Sulmtaler und Altsteirer Hühner. Erstere waren als robuste Rinder im Alpenraum traditionell weit verbreitet. Das Nachkriegszerwürfnis zwischen Österreich und Italien führte aber dazu, dass die aus dem namensgebenden Pustertal stammenden Hausrinder in den 1920er-Jahren hierzulande verboten wurden. Südtirol als Feindesland.

„Lebensmittel sind zum Leben da. Basta.“

Die Landwirtin aus St. Gilgen spricht mit tiefster Überzeugung und einer Prise entspannter Predigt über die Philosophie des Archehofs und wie wichtig es ist, nicht aufzugeben. Um die Jahrhundertwende gab es hier in der näheren Umgebung noch über dreißig Bauernhöfe, heute sind es gar noch fünf. Als sie den Hof von Andreas Eltern übernommen hatten, war die Zukunft aber noch gänzlich unsicher. Die Landwirtschaftskammer stand damals mit wenig aufbauendem Rat zur Seite. „Zusperren“ oder „Aufhören“, was anderes hätte mit dieser limitierten Betriebsgröße doch gar keinen Sinn, meinte die Beamtenschaft aus der Ferne. Das kam für die beiden motivierten Jungbauern überhaupt nicht in Frage und irgendwie fanden sie dann zu der Idee der Bewirtschaftungsveränderung nach dem Modell der Archehöfe. Ein prägender Richtungsschwenk oder viel mehr ein mutiger Schritt zurück, der einen aber auch sehr viel weiter nach vorne bringen kann. Die konsequente Abkehr von der Hochleistungslandwirtschaft.

„Die Kinder kennen keine lila Karotten mehr“

Den Archehof kann man mit Zimmer und Frühstück buchen. Reisende, die das tun oder vorhaben, kommen so in den Genuss eines ausgezeichneten Bio-Frühstücks, das vielleicht nicht so üppig und vielfältig ist, wie es manche Gäste auf den ersten Blick erwarten würden, aber „inhaltlich“ doch viel mehr bietet, als es 15 Wurst- und 10 Käsesorten jemals versprechen und halten könnten. „Die Leut jammern zwar immer, wenn es um das Bauernsterben geht, kaufen dann aber doch bei Hofer, Penny & Co. die billigsten Nudeln mit Eiern aus Käfighaltung“, so die selbstbewusste Landwirtin freundlich gereizt. Dagegen muss was getan werden, findet sie.

Das Lebensmotto der Nachhaltigkeit geht hier aber noch weit über das kulinarische Angebot am frühen Morgen hinaus. Bei den Schossleitners findet man auch wieder Obstbäume im Garten und Möbel aus hofeigener Recycling-Ware. Aus alten Kastentüren entsteht schon mal eine neue Garderobe für die Gästezimmer. Und in den Bädern dürfen auch ältere Fliesen noch kleben bleiben. „Im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft muss man ja nicht jeden Designtrend mitmachen“, meint die Arche-Bäuerin trocken und hat recht.

„Lebensraum mit Wolfgangseeblick“

Die Gäste, die vorwiegend aus Deutschland, Österreich und vermehrt auch wieder aus der Schweiz kommen, schätzen vor allem das nicht zu aufdringliche Angebot am Hof, wie auch die zahlreichen Erlebnismöglichkeiten rund um Schafberg, Zwölferhorn und Wolfgangsee. Einerseits aktives Publikum, das gerne wandert und Rad fährt, andererseits aber auch die Kulturinteressierten, die zwar primär die Stadt Salzburg erkunden, aber dann doch nicht in der Innenstadt übernachten möchten. Sie selbst will gar nirgends hinfahren, findet vielmehr, dass sie hier „ein Paradies vor der Türe hat“.

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Stefan Heinisch
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